EDITION ROY
»Verweile doch, du bist so schön!« Mit diesem kategorischen Imperativ lässt sich sehr präzise das Sinnen und Trachten beschreiben, das den Musiker und Galeristen Daniel Roy vor gut 15 Jahren zur Gründung seiner Edition Roy bewog: Flüchtige Momente einfangen, Schönheit für die Zukunft bewahren und das, was des Aufhebens wert ist, in kleinen Gesamtkunstwerken darbieten, die jeder, der nach ähnlichem strebt, hernach getrost nach Hause tragen kann …
Dabei steht für den Schönheitssucher Roy die Authentizität im Mittelpunkt. Der Hörer soll so nah wie nur irgend möglich an die Schöpfer der Musik, seine Interpreten und das jeweilige Instrumentarium herangeführt werden. Das geschieht durch eine Aufzeichnung, die lange Signalketten vermeidet und durch die Verwendung einiger weniger, dafür aber hervorragender Komponenten realistische Landschaften erstehen lässt.
Als »Studio« dient für gewöhnlich der Große Saal im Gerichtskretscham Kunnersdorf bei Görlitz. An diesem wunderbaren Ort veranstaltet Daniel Roy seit Jahrzehnten Klavierabende und kammermusikalische Konzerte, die dem Publikum verkannte oder völlig vergessene Juwelen ins Bewusstsein bringen.

Edition Roy, Großer Saal im Gerichtskretscham Kunnersdorf bei Görlitz, Foto Sabine Golde
Die Sorben in der Musik
Durch natürliche Anziehungskräfte ergab sich ein Repertoireschwerpunkt, der ursprünglich nicht geplant gewesen war: In Kunnersdorf trafen sich unter anderem viele regionale Künstler, ihre Konzerte und Kreationen wurden dokumentiert und gewähren heute ungewöhnliche Einblicke in die musikalische Entwicklung der Sorben, die als nationale Minderheit in der Lausitz ihre Heimat gefunden haben. Das westslawische Volk spricht seine eigene Sprache, ist reich an Mythen und Folklore und hat auch auf dem Gebiete der »Klassik« bemerkenswerte Ausdrucksweisen gefunden.
Für jedes Werk der passende Flügel
Die Edition Roy verfügt über eine große Auswahl an historischen Flügel, die allesamt authentisch restauriert wurden. Die Hammerköpfe sind nach allen Regeln der alten Kunst intoniert, die Lacke basieren auf Eiweiß und verzichten auf jegliche Chemie, und ein Duft wie »von anderen Planeten« umgibt die Sammlung, in der unter anderem ein Bechstein E von 1906 sowie Ferruccio Busonis Bechstein C zu entdecken sind.
Künstler und Künstlerinnen
Persönliche Beziehungen und Freundschaften haben die Aufnahmen möglich gemacht. Der Bratscher Mathis Rochat kam im Jahre 2018 über seine Schwester, die Cellistin Nadège Rochat, zur Edition Roy, der Pianist Friedrich Höricke und der Komponist Christoph Staude sind seit rund dreißig Jahren mit Daniel Roy befreundet.

Edition Roy, Christoph Staude mit dem Komponisten Juro Metšk in der Besprechung über die Aufnahmen
Minimalismus in der Aufnahme
Als idealer Mitstreiter auf diesem Wege erweist sich ein ums andere Mal der Tonmeister Torsten Ottersberg, ein kreativer Minimalist, wie man ihn sich für die Projekte der Edition Roy nur wünschen kann. Der Große Saal in Kunnersdorf ist ein aktiver Raum, in dem beispielsweise bei Klavieraufnahmen neben einigen wenigen Mikrophonen nichts weiter als ein Neumann-Vorverstärker mit acht Kanälen zum Einsatz kommt, wodurch der originale Klavierklang garantiert ist. Die Dynamik wird allenfalls durch einen Mitte-Seite-Kompressor geringfügig begrenzt, Entzerrer (EQ) gibt es bei der Edition Roy nicht. Und so entstehen geradezu klassische Tonaufnahmen!

Edition Roy, Mathis und Nadège Rochat mit Torsten Ottersberg anlässlich der Aufnahmen zu Mathis Rochats Debüt-CD
Booklet und Gestaltung
Die Sorgfalt und Natürlichkeit der Aufnahmetechnik spiegelt sich auch in der Edition der CDs. Aufwendig gestaltete, fadenhandgeheftete Bücher bilden die »Verpackung« der Scheiben, die auf den Innenseiten des Hardcovers in stabilen Taschen untergebracht sind. Wo es der interdisziplinäre Inhalt verlangt, sind auch die Textseiten farbig gestaltet. Einführungstexte und Interviews sind grundsätzlich in der Originalsprache nebst englischer Übersetzung zu haben – sodass es gelegentlich sogar zur Begegnung mit dem ungewöhnlichen Schriftbild des Sorbischen kommt. Das Ergebnis ist eine luxuriöse kleine Bibliothek, die in Wort, Bild und Ton eine Vielzahl ungewöhnlich schöner Momente eingefangen hat und für die Zukunft bewahrt.
Die Ton- und Aufnahmetechnik
Mit Torsten Ottersberg hat Daniel Roy einen Tontechniker der „Alten Schule“ gefunden, der seine Klangvorstellungen mit einem Minimum an Technik realisiert. So finden sich bei Klavieraufnahmen zwei Mikrofone im Flügel – und auf einer Schiene vor dem Flügel stehen ebenfalls zwei Mikrofone. Das Hauptmikrofon wird mit einem gewissen Abstand hierzu aufgebaut. Für die Wiedergabe des authentischen Raumklanges kommt hier das aus der Filmtechnik bekannte SASS Crown Grenzflächenmikrofon zum Einsatz. Somit kann der Klang eingefangen werden, der im Raum natürlich vorhanden ist. Kein digitaler Hall, keine künstlichen Zugaben. Die Edition Roy arbeitet mit Großmembran- und Dreiviertelmembran-Mikrofonen aus den 60er Jahren der bekannten Thüringer Firma Mikrotech Gefell.

Edition Roy, Tonmeister Torsten Ottersberg und Christoph Staude am Aufnahmepult

